Der Titel mag provokant klingen und so ist er auch gemeint. In den drei Jahren, in denen ich nun schon auf YouTube und Co aktiv bin, ärgere ich mich immer wieder über dasselbe Phänomen: Jeder Mensch der äußert, dass er auf bestimmte Dinge in seinem Konsumverhalten auf Grund von moralischen oder ökologischen Punkten achtet oder verzichtet, muss sich mit unfassbar viel Kritik herumschlagen. Es scheint, als gäbe es nur den perfekten Menschen, der von 0 auf 100 auf alle nicht vertretbaren Güter verzichtet oder eben den, der stumm weiter konsumiert und sich entweder keine Gedanken macht oder diese gekonnt ignoriert.

Doch vielleicht gibt es auch immer mehr Menschen dazwischen? Denn nicht nur zwischen Size Zero und Übergewicht gibt es eine ganze Menge Leute, sondern auch in allen anderen Bereichen gibt es stets eine Mitte.
Es muss doch einen Punkt geben dürfen, für Menschen des öffentlichen Lebens als auch Privatpersonen, in denen man anfängt nicht nur umzudenken, sondern auch sein Handeln zu verändern. Schritt für Schritt. Ohne dabei an den Pranger gestellt zu werden, weil man noch nicht „perfekt“ ist. Aber hat denn jemals wer behauptet dies zu sein?
Ob es die vegetarische/vegane Ernährung, der Verzicht auf Kosmetik mit Tierversuchen, das Meiden von Plastik oder ökologische/Fair Trade Mode und Naturkosmetik sind- meiner Meinung nach zählt jedes Handeln sowohl in die positive als auch in die negative Richtung. Jede gute Handlung und jeder Verzicht eben.

Vor nun knapp 2 Jahren habe ich angefangen mich hauptsächlich vegan zu ernähren, habe hier und und da in Videos auch das Überdenken und Einschränken meines Kaufverhaltens erwähnt. Dazwischen kamen weiterhin die bekannten Fashion Hauls und auch Kosmetik von Firmen, die nicht in das Bild passten. Ich habe nichts weggeschmissen, habe mich langsam an das Verändern mancher Bereiche gewagt und stehe stets in dem Zwiespalt des Geld verdienen als Blogger und meinen Vorsätzen (Kooperationsanfragen kommen beispielsweise besonders gern von Kosmetikfirmen, von denen ich nicht der größte Fan bin).

Warum? Weil es das wahre Leben ist. Zumindest sieht so das Leben von mir und anderen Menschen aus, die nach und nach versuchen etwas an ihrem Verhalten zu ändern. Mein Egoismus steht mir schon lange im Weg, aber ich sehe auch in dem Weg eine Möglichkeit und kasteie mich nicht, weil ich nicht 100% optimal handel. Es gibt einen Weg dazwischen und so passe ich vielleicht nicht in eine der beliebten Schubladen aber dafür bin ich echt.
In den letzten Jahren habe ich schon mehrere Videos zu dem Thema gedreht und nie veröffentlicht, weil Freunde immer gesagt haben, dass ich wohl etwas „zu sehr auf den Putz haue“ in meiner Wortwahl. Ja, weil ich immer wieder sauer darüber bin.
Es gab für mich dann nur zwei optionale Lösungen:

  • Weitermachen und ein dickes Fell anlegen
  • Nicht mehr so viel erwähnen warum du wie und wo du versuchst umzudenken und anders zu handeln, damit sich niemand mehr auf den Schlips getreten fühlt und dich verurteilt für dein „Pseud-Öko-Getue

Ich habe mich vor einiger Zeit für den zweiten Weg entschieden und es fällt mir noch immer nicht leicht, weil ich mir wünsche meine Reichweite positiv zu nutzen und mit euch gemeinsam zu lernen wie wir einen besseren Weg gehen können. Voneinander lernen und sich gegenseitig unterstützen anstatt des üblichen Verurteilens. Offensichtlich geht das nur „durch die Blume“, wenn man nicht ständig beschimpft werden möchte.Also gibt es den Inhalt weiterhin, aber eben ohne große Titel und Beweggründe.
Ein gutes Beispiel dafür ist auch Madeleine von dariadaria.com, denn sie hat sich gerade erst dafür entschieden weniger über ihre „guten Taten“ zu sprechen. Sehr schade, aber offensichtlich muss man als Blogger sofort in allen Bereichen 100% ökologisch, ethisch etc. leben (bzw. es sollte online so wirken 😉 ) oder einfach nichts darüber erzählen.

Ich hoffe sehr, dass es in unserer Gesellschaft immer auch Menschen in der Mitte geben wird. Solche, die auf dem Weg sind und versuchen hier und da etwas an ihrem Verhalten zu ändern. Und ich wünsche mir ein Gegenüber, dass sich dadurch nicht angegriffen, sondern inspiriert fühlt. Denn ja, meiner Meinung nach zählt auch der Einzelne und auch jede kleine Entscheidung im Alltag.

Handelst du zu 100% ethisch/ökologisch perfekt oder bist du vielleicht auch auf dem Weg?

Andrea Morgenstern

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